Ich bin Allergikerin. Mein Mann ist Allergiker. Statistisch gesehen liegt das Risiko unserer Kinder für Allergien bei 50-60%, das habe ich in der Phase unserer „Familienplanung“ zufällig gelesen. Was nun? Schnell einen neuen Mann ohne Allergie suchen? Blöd. Keine Kinder? Kommt nicht in Frage! Wir leben gut mit Allergien. Trotzdem wollten wir bei unseren Kindern alles zur Allergieprävention tun. Also recherchierte ich los. Was kann man machen:
Ein gesundes Wohnklima schaffen gegen Allergien
Ein gesundes Wohnklima ist für alle Kinder wichtig. Tatsächlich hilft es bei der Vorbeugung von Allergien. Dazu gehört, dass Tabakrauch und auch die Rauchausdünstungen aus Textilien (hierzu gehört z.B. auch die Kleidung) und Möbeln ein starker Risikofaktor für die Entstehung von Allergien sind. Aber das Rauchen ist nur ein Faktor: zusätzlich sollte beim Einrichten des Babyzimmers darauf geachtet werden, dass möglichst wenige Schadstoffe aus Möbeln, Textilien und Farben ausgasen. Daher haben wir bei der Einrichtung des Babyzimmers auf den blauen Engel geachtet und auf einen Teppich erstmal verzichtet. Babybett und Wickeltisch könnt Ihr auch gut gebraucht kaufen und mit einer neuen Matratze bzw. Auflage ausstatten.
Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit
Früher hieß es, eine „allergenarme“ Diät der Schwangeren und Stillenden schützt das Baby vor einer Allergie. Dies konnte jedoch nie bestätigt werden. Daher wird heute eine ausgewogene, mediterrane Ernährung ohne Meidung bestimmter Lebensmittelgruppen empfohlen. Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass der regelmäßige Verzehr von fettreichem Seefisch und ausreichend Gemüse und Obst präventiv wirkt. Mütter mit einer vorhandenen Nahrungsmittelallergie müssen aber natürlich das entsprechende Nahrungsmittel meiden.
Die Geburt
Ob Kaiserschnitt oder natürliche Geburt ist Entscheidung der Familie. Dies soll hier nicht diskutiert werden. Für die Prävention von Allergien ist die natürlich Geburt jedoch förderlich: während der Geburt erhält Euer Baby eine Art Schluckimpfung mit den natürlichen Keimen der Mutter. Diese Keime bilden die Grundlage für die kindliche Darmflora. Das heisst: hat die Mutter eine gesunde Darmflora und bringt ihr Kind auf natürlichem Wege auf die Welt, bildet das Kind wahrscheinlich ebenfalls eine gesunde Darmflora, die es vor Allergien schützen kann.
Ernährung des Säuglings
Auch zur Allergieprävention ist Stillen das Beste für das Kind. Sollte dies nicht möglich sein, gibt es für Risikokinder (also Kinder, von denen ein oder beide Elternteile Allergien haben) eine spezielle hydrolysierte Säuglingsnahrung. Der Zeitpunkt der Beikost-Einführung spielt für die Allergieprävention eine wichtige Rolle, ist aber auch ein großes Streitthema: aus Gründen der Allergieprävention empfiehlt die entsprechende Leitlinie Vollstillen nur für die ersten 4 Monate. Nach dem vollendeten 4. Monat sollte mit der Beikost begonnen und parallel weiter gestillt werden. Viele Mamas sehen das als sehr früh an und liest man sich entsprechende Beiträge in sozialen Netzwerken durch, ist das ein heisses Diskussionsthema. Natürlich gibt es individuelle Gründe, die für ein längeres Vollstillen sprechen. Das dürfen alle Eltern individuell entscheiden. Diese Gründe haben abe r nichts mit der Allergieprävention zu tun. Hier gibt es eher Hinweise, dass längeres ausschliessliches Stillen mit einer Risikoerhöhung für Allergien verbunden sein kann.
Was haben wir gemacht?
Während der Schwangerschaft haben wir versucht, ein gesundes Wohnklima zu schaffen. Dazu gehörte auch, eine feuchte Stelle im Haus zu beseitigen, da diese das Schimmelpilzwachstum begünstigt. Wir sind ein Nichtraucherhaushalt. Zusätzlich haben wir es „gewagt“, rauchende Familienmitglieder zu bitten, nach der letzten Zigarette nicht direkt an unser Neugeborenes zu gehen. Glücklicherweise wurde dies akzeptiert. Unser bestes Argument dabei war die Allergieprävention.
Trotz meines Heißhungers auf Schokocroissants habe ich mich in der Schwangerschaft und Stillzeit gesund und ausgewogen ernährt. Außerdem habe ich regelmäßig fettreichen Seefisch, viel Gemüse und Obst gegessen. Auch die Geburt war bei beiden Kindern gleich, sie kamen auf natürlichem Weg zur Welt.
Beide Kinder habe ich vier Monate voll gestillt und mit der Einführung der Beikost nach dem vollendeten 4. Monat begonnen. Dabei habe ich mich an den Beikostfahrplan gehalten und auch alle potenzielle Nahrungsmittel-allergene und Fisch eingeführt. Bei der Einführung der Beikost hatte ich persönlich das Gefühl, dass ich am meisten in Sachen Allergieprävention bewirken kann.
Was hat es gebracht?
Wir haben zwei gesunde Kinder. Die Große ist jetzt 5 Jahre und die Kleine 4 Jahre alt. Unsere Große hat Allergien, die Kleine nicht. Irgendwie spiegeln wir genau das wieder, was man überall liest: man kann sehr viel zur Allergieprävention machen, ob es am Ende hilft, weiß man nicht. Aber ich bin unendlich froh, dass wir alles dafür getan haben, Allergien bei unseren Kindern zu vermeiden. Das Leben mit einem Kind mit Nahrungsmittelallergien ist manchmal wirklich herausfordernd und ich möchte mir am Ende nicht selber den Vorwurf machen: „Hättest Du mal die Beikost richtig eingeführt…“.
Hilft das auch zur Vorbeugung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten?
Leider nicht. Die Allergie ist eine überschiessende Reaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Stoffe. Mit den oben genannten Maßnahmen könnt Ihr das Immunsystem Eures Kindes fit für die Zukunft machen. Bei Nahrungsmittelintoleranzen sieht das anders aus. Niemand schützt sein Kind vor Intoleranzen, indem es entsprechende Lebensmittel meidet. Kein Kind einer Mama mit Zöliakie muss per se glutenhaltige Lebensmittel meiden. Im Gegenteil! Gluten kann zwischen dem Beginn des 5. Monats und dem ersten Lebensjahr eingeführt werden. Ratsam ist, mit kleinen Mengen zu beginnen. Wenn das Kind Gluten verträgt, muss es nicht glutenfrei ernährt werden.
Auch lese ich immer wieder die Empfehlung, dass Kuhmilch im ersten Jahr nicht gegeben werden darf. Vor allem Mamas mit einer Laktoseintoleranz sind darüber sehr verunsichert. Dazu muss man unterscheiden: eine Kuhmilchallergie ist keine Laktoseintoleranz. Absehen von einem äußerst seltenen hereditären Laktasemangel, der von Geburt an besteht, entwickelt sich eine Laktoseintoleranz in der Regel frühestens im Grundschulalter. Hier spielt der Zeitpunkt, an dem zum ersten Mal Kuhmilch gegeben wird, keine Rolle. Häufiger tritt bei kleinen Kindern eine Kuhmilcheiweißallergie auf. Heute weiß man, dass das Meiden von Kuhmilch oder die verzögerte Einführung (also erst nach dem ersten Lebensjahr) nicht vor dieser Allergie schützt. Ganz im Gegenteil: ein bewusster früher Kontakt mit Kuhmilch fördert die Toleranzentwicklung im Kindesalter. Also sollte Kuhmilch mit der Einführung des Milch-Getreidebreies verwendet werden, um das Kind vor dieser Allergie zu schützen.
Für alle, die das Thema interessiert und die auf Grund von widersprüchlichen Aussagen im Internet verunsichert sind: die aktuellen Empfehlungen zur Allergieprävention bei Kindern sind in den entsprechenden S3-Leitlinien nachzulesen.
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